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Montag, 7. Oktober 2019

03.10.2019 - Tag 20

Nachts hat es ziemlich gewittert und geregnet. Am Morgen ist das Wetter aber wieder besser. Ich habe viel besser geschlafen wie die Nacht zuvor, obwohl ich noch leichte Kopfschmerzen hatte, auch beim Aufwachen. Und nachts wohl auch noch etwas Fieber. Aber, abgesehen von den Kopfschmerzen fühle ich mich wieder fit und voll in der Lage, weiter zu fahren. Wir stehen auf und gehen wieder einen Kaffee trinken. Dann bereiten wir uns abwechselnd vor für die Weiterfahrt. Ans Meer wären es rund 40 Kilometer, nach Durrës rund 90. Aber jeweils mehrheitlich flach. Wir müssen uns noch nicht jetzt entscheiden und fahren erst einmal los. Es geht zuerst ein wenig Auf und Ab, vorerst mit leichtem Höhengewinn, aber dann tendentiell abwärts. Die Strasse angenehm zu fahren, das Wetter optimal. Landschaftlich wieder sehenswert, langsam auch wieder mediterraner. Wir kommen gut voran und entscheiden uns dann, da das Wetter einigermassen mitmacht, für die Meeresvariante. Noch ein Stück geht es abwärts, entlang einem Fluss, von dem hauptsächlich das breite, steinige Flussbett zu sehen ist, durch das sich ein kleines Flüsschen schlängelt. Dann geht es in Richtung Meer. Geradeaus und flach. Die Berge haben wir nun hinter uns gelassen. Es zieht sich und wir sehen nichts vom Meer. So bewegen wir uns vorwärts, es ist zur Abwechslung aber auch ganz angenehm, so flach zu fahren. Und dann geht es entlang dem Meer, immer noch so, dass wir es nicht sehen, sondern nur erahnen können. Dann entscheiden wir uns für einen Kiesweg, der zum Strand und einem Restaurant führt. Stückchenweise müssen wir stossen, da es sich auf dem Weg nicht fahren lässt. Aber dann sehen wir den Strand und das Meer. Es ist bewölkt und der graubraune breite, lange und verlassene Sandstrand sieht etwas trostlos aus. Aber da ist ein Restaurant und wir erhalten etwas zu trinken. Wir besprechen kurz und prüfen weitere Möglichkeiten, denn hier zu bleiben ist auch nicht gerade das, was wir uns mit Meer vorgestellt haben. Rubd 40 Kilometer haben wir. Und die Variante, für die wir uns entscheiden sieht nochmals etwa 60 Kilometer vor. Näher nach Durrës, so dass wir morgen nicht mehr so viel zu absolvieren haben und an einer anderen Stelle zum Meer, dort, wo wir auch wieder Unterkünfte gefunden haben. Wir essen noch einen griechischen Salat, was etwas läbger dauert, da sie erst noch Gurken vesorgen müssen. Und Laura füttert und krault die anwesenden Hunde. Ich halte mich da zurück. Nachdem wir gegessen haben, machen wir uns wieder auf den Weg, das erste Stück ist dasselbe, auf dem wir gekommen sind, doch dann geht es ein wenig kreuz und quer durch das Flachland. Wir kommen uns ein wenig vor, wie in einem Labyrinth. Es geht wieder durch neue Landschaften, wieder eher vom Meer weg. Und es erwartet uns dann auch noch ein Anstieg. Doch noch geht es flach und wir kommen gut vorwärts. Dann geht es durch eine Kieswüste, ein Teil einer Baustelle, ein wenig querfeldein oder besser gesagt querkiesein. Und dann hoch zur Brücke. Da stehen wir hinter der Leitplanke und müssen auf die Strasse. Also heben wir die Velos über die Leitplanke und fahren dann über die Brücke. Nach der Brücke geht es gleich wieder von der grossen Strasse weg und weiter im Labyrinth. Es kommen Gegenden mit eher zerfallenen aber bewohnten Gebäuden und dann wieder solche mit grossen Villen, von Gärten oder halben Parks umgeben. Dann kommen wir an einem kleinen Café vorbei und machen einen kurzen Stärkungsstopp. Die Wirtin setzt sich dann zu uns, sie spricht zwar nur Albanisch, aber tauscht sich trotzdem mit uns, resp. vorwiegend mit Laura, aus und zeigt Fotos und Videos von ihren Kindern und Enkeln in Belgien. Dann wollen wir weiter, wir haben noch einiges vor uns. Die Wirtin will uns einladen, wir lassen trotzdem Geld dort und fahren weiter. Laura wünscht sich schon seit Tagen wieder ein Glacé und im nächsten Örtchen werden wir dann fündig. Wir setzen uns zum Essen der Glacé, es beginnt leicht zu regnen, hört aber auch wieder auf. Nach dem kurzen Halt fahren wir weiter. Es geht durchs Örtchen und angehängte Orte, es geht auf einen Kiesweg, der noch gut befahrbar ist, aber dann in ein kleines Feldweglein übergeht, bevor er in einer 3m langen Einfahrtsstrasse endet, die auf die grosse Strasse führt. Die ist stark befahren und es ist gar nicht so einfach, aber mit etwas Geduld schaffen wir es. Wir machen wieder eine kurze Pause, montieren Licht, es dunkelt wieder langsam ein und fahren dann etwa 1,5 Kilometer auf dieser Strasse, bis es wieder auf eine kleinere geht. Diese ist von Schilf gesäumt und immer noch flach und gerade. Wir unterhalten uns über die praktisch durchgehend guten Strassenverhältnisse, die wir erlebt haben. Und bereuen es nach der nächsten Kurve, als sich die Strasse vom Asphalt verabschiedet und noch aus Kies mit zahlreichen Schlaglöchern, vom Regen mit Wasser gefüllt, besteht. Wir nehmen es mit Humor. Auch als es leicht Auf und Ab geht, die Strasse immer schlechter wird. Es geht zwischen einigen Häusern hindurch und dann kommt eine alte Brücke. Es sieht irgendwie ein bisschen gefürchig aus. In der Dämmerung, bei Regen, eine alte etwas rostige Brücke, die Fahrbahn aus Holzplanken, darunter ein trübgraubraunes Flüsschen, Äste und Bäume liegen darin. Aber auch diese Brücke nehmen wir. Kurz darauf werde ich von einem jungen Mann auf einem Töffli angesprochen. Die Unterhaltung ist nicht wirklich hilf- und aufschlussreich. Ich glaube er will uns ein nahes Café schmackhaft machen, wir wollen aber lieber weiter. Das machen wir dann auch und haben kurz darauf wieder Asphalt unter den Rädern. Es ist praktisch dunkel, Laura montiert nun noch das hellere Licht um nicht nur gesehen zu werden, sondern selbst auch etwas zu sehen. Wir fahren weiter, auf eine Abzweigung zu, nach Ishëm, Laura ruft noch: "aber nicht nach Ishëm, oder?", da biege ich schon darauf ein. Es geht gefühlt senkrecht hoch. Laura zieht an mir vorbei, ich schlängle mich über die ganze Strassenbreite hoch. Wir schimpfen ein wenig. Wir geben uns am zweitletzten Tag nochmals das volle Programm. Wir kämpfen. Meter für Meter. Und entscheiden uns dann für ein kurzes Päuschen. Ich schlage das Mäuerchen etwas weiter vorne vor, Laura interpretiert ein Ziegelsteinhaufen als das Mäuerchen. Immerhin können wir noch lachen. Ein vorbei fahrendes Auto hält bei uns und der Mann auf dem Beifahrersitz spricht uns an. Laura springt mit Italienisch ein und so stellt sich heraus, dass der Mann etwas weiter oben wohnt und uns einen Schlafplatz anbietet. Laura sagt, dass wir gleich nachkämen. Wir machen unsere Pause fertig und setzen uns wieder auf die Velos, machen uns weiter an den Aufstieg mit der Aussicht auf einen baldigen Schlafplatz und nicht erst in knapp 15 Kilometer. Nach einigen weiteren Metern harten Anstiegs kommt uns der Mann zu Fuss entgegen. Einige Meter fahren wir noch, dann schieben wir die Velos den Anstieg hoch, der Mann hilft uns dabei. So kommen wir höher und höher, noch einige Kurven und dann sind wir bei seinem Haus angelangt. Seine Frau kommt und begrüsst uns, dann kommen noch zwei Mädchen und die Grossmutter. Alle begrüssen uns freundlich und sprechen mit uns auf Albanisch. Wir laden die Velos ab, sie sind in einer Art Vorraum des unvollständigen Hauses. Ziehen unsere nassen Regenkleider und Schuhe aus. Dann treten wir in den Wohnraum und werden in den Nebenraum geschickt, wo wir uns trocken umziehen können. Handtücher werden gereicht und der Vorhang gezogen. In diesem Raum schläft noch ein kleiner Junge. Nachdem wir halbwegs trocken sind gehen wir wieder ins Wohnzimmer, Kaffee wird angeboten, was wir gerne annehmen, die Kinder nehmen Laura in Beschlag, ich unterhalte mich irgendwie mit dem Mann, bekomme Baggervideos gezeigt, wo ich sehe wie vor dem Haus gebaut wird und so weiter. Der Kaffee kommt und Laura holt noch unsere Vorratsbox hervor. Viel interessantes haben wir da nicht drin, doch die Kinder oder eigentlich alle haben grosses Interesse daran und bedienen sich freudig, die Kinder etwas weniger zurückhaltend, die älteren etwas zurückhaltender. Etwas später wird noch aufgetischt. Es gibt Nudeln sowie Poulet, also das Fleisch nur für denn Hausherren, Laura und mich. Wir bieten zwar allen mühevoll unser Poulet an, in der Hoffnung es selbst nicht essen zu müssen, aber das Unterfangen bleibt erfolglos. So beginnen wir zu essen. Neben den Nudeln hat es noch gekochte Peperonis, ein Reisgericht und noch etwas käsiges oder so. Es ist sehr lecker und ich bekomme auch ein paar Bissen Poulet, mit genügend Nudeln, herunter. Nach einer Weile tauschen Laura und ich die Teller, möglichst unbemerkt, was nicht ganz gelingt, aber niemand reagiert. So opfert sich Laura für mein restliches Poulet und ich esse noch Lauras restliche Nudeln. Natürlich gibt es auch hier wieder Raki, ich trinke mein, nach dem Kaffee nochmals gefülltes, Glas nicht ganz aus.
Nach dem Essen trage ich zwei Teller in di Küche runter, was dazu führt, dass Frau und Kinder mich mit: "Bravo Flori!" loben und abklatschen, was ich gerade etwas übertrieben finde, Lauras Hilfe wird ohne jeglichen Kommentar als normal oder selbstverständlich angesehen. Ein weiteres Zeichen unserer "Balkan Fem Tour", wie wir sie mittlerweile immer wieder nennen, wenn wir klassische Rollenbilder gezielt übergehen. Wir sitzen wieder im Wohnzimmer, sehen uns Fotos auf dem Handy der Frau an, Familienausflüge, Familienangehörige und so weiter. Später führt Laura Fotos unserer Velotour vor und so vergeht die Zeit. Die Grossmutter und die jüngere der Mädchen gehen langsam zu Bett, uns wird noch die Toilette gezeigt, ein Plumpsklo im Nebengebäude. Danach werden die Schlafplätze eingerichtet. Ich schlafe mit dem Mann im Wohnzimmer auf dem Ecksofa, Laura im Nebenraum in einem Bett und Mutter und die ältere Tochter mit dem Buben im zweiten Bett im Nebenraum. Eine Weile läuft der TV noch, danach ist es mehr oder weniger ruhig. Aus dem durch den Vorhang getrennten Nebenraum höre ich nichts, draussen bellt ein Hund und jemand schreit, wahrscheinlich um den Hund zum Schweigen zu bringen. Der Erfolg ist mässig. Ich liege lange wach. Etwa um zehn Uhr sind wir zu Bett, vor Mitternacht bin ich kaum eingeschlafen. Es war ein sehr ereignisreicher Tag.

Landschadtsimpression I


Landschaftsimpression II


Landschaftsimpression III


Es wird flacher...


Strand & Meer...


Landschaftsimpression IV


Wer erkennt den Weg? Querkiesein... ;-)


Wohnhäuser...


Der Asphalt hat sich aus dem Staub gemacht...


Die gespenstische Brücke...

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